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Wozu überlebensfähige Zootierpopulationen?

Edukativer Auftrag im Zusammenhang mit Naturschutz

(Zusammenfassung des Referats von M. Fischbacher am 11. Workshop Tiergartenbiologie, 24. - 26. Oktober 2003, Erlangen)

Die Bildung und Erhaltung von erhaltungsfähige (viable) Zucht- und Schaubeständen von Zootieren ist erstrebenswert. Es führt dazu, dass die Zoos ihre Aufgaben, gemäss Welt-Zoo-Naturschutzstrategie, resp. die an sie gestellten Anforderungen, gemäss EU-Richtlinie, besser erfüllen müssen.

Erhaltungsfähige Zucht- und Schaubestände bedeuten, dass sich Zoos von Konsumenten zu Produzenten von Wildtieren entwickeln. Eine erfolgreiche Haltung und Zucht führt zwangsläufig zu einem „Überschuss“ an Tieren. Wohin damit? Es gibt letztendlich nur zwei Möglichkeiten. Entweder die „überschüssigen“ Tiere können im Rahmen eines wissenschaftlichen Naturschutz-Projektes ausgewildert werden oder man tötet sie.

Erfolgreiches Halten und Züchten, was auch bedeutet, das Töten von überzähligen Wildtiere in Zoos muss den Zoobesuchern und der Öffentlichkeit glaubhaft begründet werden können. Es muss Sinn machen. Das Tierschutz-Argument, dass Sexualverhalten, Geburt und Aufzucht von Jungtieren zu einer artgerechten Haltung gehören, kann keine Rechtfertigung dafür sein, dass Wildtiere überhaupt in Gefangenschaft gehalten, gezüchtet und ggf. getötet werden.

Die EU-Richtlinie über die Haltung von Wildtieren in Zoos verlangt folgendes: „Sie [die Zoos] fördern die Aufklärung und das Bewusstsein der Öffentlichkeit in bezug auf den Erhalt der biologischen Vielfalt, insbesondere durch Informationen über die zur Schau gestellten Arten und ihre natürlichen Lebensräume.“

Eine gute Edukation (Belehrung, nach Hediger) kann unter Umständen die Haltung von Wildtieren in Gefangenschaft rechtfertigen. Dabei scheinen mir folgende zwei Punkte besonders wichtig:

Natur ist das, was man sich darunter vorstellt!

Die Worte Natur und Naturschutz sollten deshalb vermieden werden! Im Gegensatz zur biologischen Vielfalt ist die Natur ein subjektiver, häufig romantisch verklärter, kulturell geprägter Begriff. Der natürliche Lebensraum einer Tierart entspricht nicht unbedingt dem, was man sich darunter vorstellt. Auch ein scheinbar unnatürlicher Lebensraum kann für das Überleben einer Art wichtig sein.

Es gibt nicht nur ein heute und ein früher!

Die biologische Vielfalt, d.h. die einzelnen Tier- und Pflanzenarten haben eine differenzierte Geschichte. Damit meine ich nicht in erster Linie die evolutionäre Entwicklung der Arten, sondern vor allem die kulturelle Veränderung der biologischen Vielfalt (der Natur) im Verlauf der letzten paar Hundert oder Tausend Jahren. Indem man die gemeinsame Geschichte von Menschen und Tieren aufzeigt, schafft man eine Verbundenheit mit diesen Tieren, man klärt tatsächlich auf und verändert das Bewusstsein.

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